Künstler-Porträt: Katja Gehrung

Porträt schwarz-weiß einer Frau mit weißem Trägerhemd und dunklen Locken, rechts neben ihr eine Fotografie von einer Frau im Wald.

Die Fotografin Katja Gehrung vor einem ihrer Werke. (Foto: Fabian Schütze)

26.05.2025 - Dieses Jahr haben unsere Kunst-Geburtstagskarten 10-jähriges Jubiläum. Seit 2016 erhalten alle Freiwilligen aus unseren FZF-Projekten zum Geburtstag eine Postkarte mit Motiven von Fürther Künstlerinnen und Künstlern. Dieses Jahr trägt die Glückwunschkarte das Motiv „Lazy sunday afternoon“ von der Fotografin Katja Gehrung.

Bei unserem diesjährigen Jahresfest standen die Künstlerinnen und Künstler der letzten 10 Kartenmotive im Zentrum. Auch Katja Gehrung war zu diesem Anlass persönlich gekommen, präsentierte ein Werk und erläuterte deren Entstehungsgeschichte.

Es begann mit der Spiegelreflexkamera des Großvaters

Katja Gehrung ist 1969 im Großraum Stuttgart geboren. Ihre Leidenschaft für die Fotografie begann mit 14 Jahren, als sie vom Großvater eine alte Spiegelreflexkamera geschenkt bekam. Weil der Belichtungsmesser kaputt war, bildete sie früh ein Gespür dafür aus, wie sie vorhandenes Licht für Ihre Aufnahmen nutzen konnte. Die analogen schwarz-weiß Fotos entwickelte sie in der eigenen Dunkelkammer.

Auf Umwegen zurück zur Fotografie

Trotz ihrer Passion verwarf sie eine Ausbildung zur Fotografin. Stattdessen absolvierte sie ein duales BWL-Studium an der Berufsakademie Heidenheim mit OBI-Baumarkt Franken als Praxispartner. Nach erfolgreichem Abschluss war sie von 1992 bis 1993 in Jena als Marktleiterin tätig. Während der anschließenden Familienphase trat ihr Hobby in den Hintergrund. Als die Spiegelreflexkamera kaputt ging, konnte sie keinen Gefallen an der digitalen Fotografie finden und so entstanden geraume Zeit keine Aufnahmen mehr. Private Umbrüche führten 2014 zu der Entscheidung, fortan als Künstlerin neue Wege zu gehen. Nun wurde die Digitalkamera ihr Medium.

Vom Leben inspirierte Inszenierungen

Liedtexte, gesellschaftliche Zeitphänomene und Missstände sowie Gemütsverfassungen liefern Katja Gehrung die Ideen für ihre Bilder. Dann sucht sie in ihrem Fundus, den sie unter anderem auf Trödelmärkten und in Gebrauchtwarenhöfen zusammengetragen hat, nach den passenden Requisiten für die Bildkomposition. Anschließend macht sie sich auf den Weg zu einer geeigneten Location. Immer mit dabei sind Masken oder Dinge, die das Gesicht verfremden oder unkenntlich machen, denn Katja Gehrung ist auf allen Bildern ihr eigenes Modell. Es sei ihr wichtig, beim Fotografieren allein zu sein und das Posing mache ihr viel Spaß, begründet sie diese Entscheidung.

Fotoshootings im Verborgenen

Wenn die richtige Stimmung ist und das Licht passt, nutzt Katja Gehrung z. B. die freie Natur, Parks, marode Fabrikhallen oder verfallende lost places als Kulisse. Überall setzt sie sich, mal mehr, mal weniger bekleidet oder ganz nackt, wirkungsvoll in Szene. Vor allem bei Kälte koste sie das viel Überwindung, gesteht sie. Und stets schwingt beim Fotografieren die Gefahr mit, entdeckt zu werden. Deshalb muss beim Shooting alles immer sehr schnell gehen. Sind Requisiten und Stativ aufgebaut, klickt für eine Sequenz von 7 Bildern alle 3 Sekunden der Selbstauslöser der Kamera. Hat sie genügend Posen festgehalten, packt sie schnell wieder zusammen.

Mystische Stimmungen und surreale Kompositionen zum Nachdenken

Die Bilder von Katja Gehrung transportieren Ausnahmezustände, die sie mittels Form, Farbe und ästhetischer Bildkomposition überhöht. Ihre Inszenierungen erzählen Geschichten, sie sind anziehend und verstörend zugleich. Nicht immer erschließen sich die skurrilen, surrealen Bildbotschaften auf den ersten Blick. Sie wollen mit Einfühlungsvermögen und durch Nachdenken entschlüsselt werden. Genau diese Auseinandersetzung mit ihren Themen will Katja Gehrung bei den Betrachterinnen und Betrachtern bewirken.

Bildbeschreibung „Lazy sunday afternoon“

Für die diesjährige Geburtstagskarte haben wir ein Foto gewählt, das in der Nähe von Roßtal entstanden ist. Es trägt den Titel „ Lazy sunday afternoon “, in Anlehung an den gleichlautenden Song der Band Small Faces aus dem Jahr 1968. Auf einem hell geschotterten Feldweg, der eine weite Ebene durchschneidet, steht ein alter Reisekoffer. Aus ihm heraus ragen der mit roter Badekappe und weißer Sonnenbrille bekleidete Kopf einer Frau, ihre Arme und Beine, mit roten Schuhen an den Füßen. Entspannt schweift ihr Blick in die Ferne. Über der Szenerie spannt sich ein grau-blauer Himmel, über den dicke Quellwolken ziehen.